Christophorus-Sonntag, 23. Juli 2017

50 Jahre neue Pfarrkirche Navis

 

Fast genau 50 Jahre nach der Einweihung durch den damaligen Bischof Paulus Rusch am 30. Juli 1967 durfte die Pfarrgemeinde Navis diesen feierlichen Anlass mit einem Festgottesdienstund einem anschließenden Pfarrfest am Christophorus-Sonntag feiern.

 

In seiner Predigt nannte Regens Mag. Roland Buemberger 4 Bilder, warum es wichtig ist die Kirche im Dorf zu haben:

  • Kirche als Hinweisschild
  • Kirche als Gewächshaus
  • Kirche als Kläranlage
  • Kirche als Instrument

 

Der Pfarrgemeinderat möchte sich bei allen bedanken, die zu diesem gelungen und feinen Fest am Kirchplatz beigetragen haben, insbesondere jenen, die sich immer wieder für die lebendige Gemeinschaft in der Pfarre engagieren. Damit unsere Pfarrkirche nicht leer und tot ist, sondern ein Hinweisschild, ein Gewächshaus, eine Kläranlage und schlussendlich auch ein Instrument.

 

 

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Predigt zum Festgottesdienst - 50 Jahre Neue Pfarrkirche Navis

 

Liebe Schwestern und Brüder! Liebe Festgemeinschaft!

 

Dass wir heute mit euch allen, mit so vielen Menschen das Bestehen dieser Kirche feiern, ist alles andere als selbstverständlich. Gar nicht weit von uns, in alten christlichen Gegenden wie Syrien oder Nordafrika, gibt es viele Kirchen, die nur mehr als Ruinen dastehen. Gar nicht weit von uns, in Deutschland etwa, gibt es Kirchen, die geschlossen oder abgerissen werden oder zum Museum, zum Hotel, zur Disko, zum Konzertsaal umgebaut werden, weil dort kaum jemand mehr gebetet hat.

 

Hier ist es anders - und hier soll es anders bleiben!

 

Aber es gibt auch bei uns Tendenzen, die solche Kirchenbauten in Frage stellen.

 

Wenn ich für Messaushilfen durch unsere Diözese fahre, feiere ich immer wieder Sonntagsmessen, wo ich - wenn keinen Ministranten da sind - der Jüngste bin. Wo kaum jemand mitsingt. Wo man gerade noch das Vater-unser dahermurmeln kann. In einer Pfarre in der Nähe von Innsbruck fragte ein junger Mann, warum denn die Kirche und der Friedhof mitten im Dorf sei - das sei doch schade um den teuren Baugrund, da könne man doch Wohnblöcke bauen, die mehr bringen, Kirche und Friedhof könnten doch auch irgendwo am Rand noch ihren Platz haben.

Die Kirche - am Rand, im Abseits??

 

Das heutige Fest setzt ein anderes Signal.

 

Warum wir als Glaubensgemeinschaft, warum die Gesellschaft als Ganzes Kirchen braucht, dazu möchte ich euch heute 4 Vergleiche mitgeben. Vier anschauliche Beispiele, warum die Kirche im Dorf bleiben soll.

 

  1. Die Kirche als Hinweisschild

Die Kirche hat ihren Platz im Dorf. Und dieser Platz ist nicht zu schade. Es ist ein Platz, der frei hält, dass es noch mehr gibt als Ernte und Gewinn, als Arbeit und Ertrag, als Leistung und Kampf. Ein Ort, der daran erinnert, dass Gott einen Platz haben muss in unserem Leben. Ein Ort, der wachhält, dass Arbeit nicht alles ist, sondern es auch den unverzweckten Sonntag braucht. Ein Ort, der darauf hinweist, dass im Leben die Dankbarkeit ihren Platz braucht. Die Trauer. Und die Freude. Das Heilige. Der Turm der Kirche ist wie ein Finger, der zum Himmel zeigt. Ein Hinweisschild nach oben, wenn Schicksalsschläge uns hinunterziehen wollen. Die Kirche, liebe Schwestern und Brüder, ist wie ein Hinweisschild zum Heiligen, das uns an die Richtung unseres Lebensweges erinnert und an den Platz für Gott in unserem Alltag.

 

  1. Die Kirche als Gewächshaus

Die Geschichte von den Samen am Beginn dieses Festgottesdienstes und das Evangelium mit dem Gleichnis vom Samenkorn und vom Weizen und Unkraut schenkt uns das nächste Bild von Kirche: das Bild vom Gewächshaus. Eine Gemeinschaft braucht einen Ort, wo die Samen des Miteinanders, der Vergebung, des Friedens wachsen können. Wo in einem gewissen Schutz gegen die Kälte des Egoismus und den eisigen Wind des Konsumdenkens die zarten Pflänzchen der Geduld und des Mitgefühls, der Hingabe und der Nächstenliebe heranwachsen und groß werden können. Und der eisige Gegenwind - der ist oft da, das merken wir, wenn wir in die Nachrichten und in die Zeitung schauen. Die Kirche in Navis feiert heute den Hl. Christophorus, den Riesen, der das kleine Kind durch die Fluten trägt. Er ist einer, der den Kleinen, den kleinen Samen hinüberrettet und schützt. Hier im Gewächshaus von Jesus soll das kleine Samenkorn hinübergerettet werden, das dieser Pfarre, diesem Dorf, diesem Tal später einmal Schatten spenden kann. Im Wort Gottes, das hier gehört und ausgelegt wird, in den Gebeten, die hierher gebracht werden, im Trost und in der Hoffnung, die hier mitgegeben werden, soll etwas wachsen: nämlich dass der Baum der Hilfsbereitschaft groß wird. Dass die Treue gestützt wird und zu einem starken Baum heranwachsen kann. Dass die kleine Pflanze Hoffnung nicht verkümmert, dass uns Gott auch im Tod und nach dem Tod nicht verlässt. Ein Gewächshaus, wo ein gutes Klima herrscht, damit die Kleinen gut heranwachsen können, die Kinder und Jugendlichen. Ein Klima, wo die Schwachen leben können und beschützt werde; die alten und kranken Menschen und die Ärmeren. Die Kirche, wo für die gebetet wird, die unterdrückt werden in der Welt und die neu aufblühen sollen. Johannes Paul II. hat immer wieder die Kultur des Lebens betont, die durch die Kirche gelebt werden muss. Die Kirche als Gewächshaus, wo eine gesunde, gute Lebenskultur wachsen kann.

 

  1. Die Kirche als Klärwerk

Bevor ich als Kooperator nach Matrei gekommen bin, war ich als Diakon und Praktikant in Schwaz, in der modernen Kirche St. Barbara. Sie schaut von außen auf den ersten Blick gar nicht aus wie eine Kirche. Eines Tages kam ein Tourist vorbei, traf zufällig den Pfarrer und fragte interessiert: „Ist das ein Klärwerk?“ Zuerst hat sich der Pfarrer geärgert, aber dann hat er diese Begegnung in einer Predigt erzählt und gesagt: eigentlich ist das ein großes Kompliment: die Kirche - ein Klärwerk! Dass man nämlich nach der Messe anders herauskommt, als man hineingekommen ist! Bei jeder Hl. Messe, bei jeder Beichte, dürfen wir die Sünden der vergangen Woche hier ablegen. Dürfen abschalten, Gottes Wort hören, durchschnaufen. Dürfen neuen Mut schöpfen. Dürfen geklärt wieder hinausgehen: gereinigt, getröstet, ermutigt. Werden nach der Messe verabschiedet nicht irgendwie, sondern mit „Gehet hin in Frieden!“ Also: geh nicht irgendwie weiter, leb nicht im Hass und Streit wie vorher, sondern erlöst, in Frieden! Wer aus der Hl. Messe gleich streitsüchtig, gleich oberflächlich, gleich egoistisch hinausgeht, wie er hereingekommen ist, der hat den Sinn von dem, was hier gefeiert wird, nicht verstanden: es geht um die Wandlung! - Die Kirche als Klärwerk.

 

und 4. Die Kirche als Instrument

Damit ein Instrument gut klingt, braucht es 2 Dinge: einen Resonanzraum und einen Musiker. Der Resonanzraum hilft, dass der Ton gut zu hören ist. Ein Resonanzraum ist wie ein Verstärker für den Ton. Kirche soll ein Resonanzraum sein, ein Verstärker, damit diese Welt die Stimme Jesu hört. Damit christliche Ideen Platz haben und klingen können: Gerechtigkeit, Menschenwürde, Bewahrung der Schöpfung, Lebensschutz. Ein Resonanzraum, wo Kinder Platz haben und singen dürfen. Wo neue und alte Töne klingen dürfen und so ein Gesamtkunstwerk ergeben. Und ein Instrument braucht jemanden, der es spielt. Wenn es in der Ecke steht, das Instrument, dann können die Noten noch so schön sein, es bringt nichts. Wenn die Kirche nicht bespielt, d.h. nicht belebt wird, wenn Kirche nur mehr „in der Ecke steht“, dann ist sie ein trauriges Instrument. Dann können die Noten (die Frohe Botschaft) oder der Komponist (Jesus Christus) noch so gut sein - es wird sie niemand hören. Die Kirche als Instrument braucht einen Resonanzraum und Musiker/Musikerinnen und ermutigt uns heute alle: spielt mit, lasst sie klingen, lasst die Kirche nicht in der Ecke verstauben.

 

Liebe Schwestern und Brüder, wenn wir heute 50 Jahre neue Pfarrkirche Navis feiern, dürfen wir dankbar in die Vergangenheit und mit Kraft in die Zukunft schauen:

 

Wir schauen dankbar zurück auf die, die diese Kirche geplant und gebaut haben und auf die, die die alte Kirche gebaut und überhaupt den christlichen Glauben hier ins Tal herein gebracht haben. Berühmte Namen tauchen in den Geschichtsbüchern auf, wie die Herren von Aufenstein draußen in St. Kathrein, der Naviser Priester und Kirchenbauer Franz de Paula Penz, der heuer seinen 310. Geburtstag feiert und die alte Pfarrkirche barockisiert hatte, oder Clemens Holzmeister, der seinen Stil der jetzigen Kirche mitgegeben hat. Und auf weniger berühmte, aber auch sehr wichtige Personen dürfen wir heute dankbar schauen, die in den letzten 50 Jahren diese Kirche mitgebaut, mitgestaltet, für sie Zeit und Geld gespendet haben, sie in Ordnung gehalten und geschmückt haben - bis heute.

 

Und wir dürfen mit Kraft und Engagement in die Zukunft schauen, damit diese Kirche weiter ein Hinweisschild bleibt, ein Gewächshaus, ein Klärwerk und ein Instrument.

 

Amen.